Musikreview #5: Sharptooth – Transitional Forms

Genre: Hardcore, Metalcore

Veröffentlichungstermin: 10. Juli 2020

Ungefähr drei Jahre nach ihrem Debut “Clever Girl” brachten “Sharptooth” aus Baltimore vergangenen Freitag ihren zweiten Longplayer mit dem Titel “Transitional Forms” heraus. Wie auf vorherigen Veröffentlichungen, zeigt sich die Band politisch und spricht Themen wie Feminismus und Inhaltslosigkeit in der Hardcore-Szene an. Allerdings verändert die Band dieses Mal ihren Stil. In dieser Review seht ihr, ob es sich lohnt, das Album als alter oder neuer Fan der Band zu hören. Viel Spaß.

Transitional Forms wurde von Brian McTernan, Paul Leavitt und Lance Donati produziert. Erstere haben bereits mit Bands wie “Hundredth”, “All Time Low” und “Turnstile” zusammengearbeitet und letzterer ist der Gitarrist und auch Bassist der Band. Die Erfahrung der Produzenten zeigt sich im Verlauf der fast 30 Minuten dieses Albums.

Transition? -Übergang wozu?!

Der Titel des Albums deutet die Evolution dieser Band an. Sharptooth waren usprünglich eine Melodic Hardcore-Band mit Elementen von Punk, doch auf dieser Platte bewegen sie sich weg von diesen Wurzeln und stärker in Richtung von Metalcore und härterem Hardcore.

Der Opening Track “Life on the Razor’s Edge” verdeutlicht dies. Er beginnt mit einem atmosphärischen, düsteren Intro. Nach ungefähr einer Minute kommen die Drums und Vocals dazu und schlagen kräftig ein. Gleichzeitig bleibt das Lied relativ ruhig und bis zur zweiten Hälfte des Songs wird auf diese Weise Spannung aufgebaut, bis Sängerin Lauren Kashan und die Instrumente ausrasten. Spätestens jetzt packt das Album eure Aufmerksamkeit.

“Say Nothing (In The Absence of Content)” ist der zweite Song und recht repräsentativ für den Stil der Band auf diesem LP. Wahrscheinlich deshalb war er auch die erste Single. Das Lied ist energetischer als sein Vorgänger, wobei die Vocals allerdings simplistischer gehalten sind. Dies dient jedoch wahrscheinlich der Verdeutlichung des lyrischen Inhaltes des Liedes, worauf ich später zu sprechen kommen werde. “Say Nothing” hat starke “Beartooth”-Vibes, insbesondere bevor diese eine Dadrock-Band wurden. Allerdings ist die Musik von Sharptooth noch etwas härter. Eines der Highlights des Songs kommt in der zweiten Hälfte, wo Kashan mit folgenden Zeilen uninspirierte Bands auf die Schippe nimmt: “Jetzt kommt der Teil, wo wir den Shit richtig entschleunigen, damit ihr euch gegenseitig umbringen könnt. Was ich an diesem Punkt hier sage, spielt ohnehin keine Rolle mehr. Könnt ihr überhaupt verstehen, was ich sage?” -Eins zu Null für Sharptooth.

“Mean Brain” ist Lied Nummer drei. Ein Sample führt das Leitmotiv, Selbsthass, ein. Das Lied ist relativ langsam und atmosphärisch und somit weniger dynamisch als ältere der Band. Gegen Ende zieht das Tempo jedoch an und ein Breakdown folgt. Dieser Song vereint eine starke Atmosphäre mit dynamischen Tempowechseln und macht Spaß.

Darauf folgt “Hirudinea” oder Blutegel. Darin geht es um toxische “Unterstützer” des Feminismus, die auf feministisch machen, jedoch nicht zur Gleichheit von Frauen beitragen. Hierbei handelt es sich um einen aggressiven Song, der sich deutlich härter als die älteren Lieder der Band anfühlt. Zwischendurch gibt es ein paar Pausen, die die Härte der Instrumente zusätzlich betonen, wodurch das gesamte Lied noch eine Spur härter wirkt. Sharptooth bewegen sich weg von ihrem alten Sound, sprechen dabei jedoch ähnliche Themen an, wie auf früheren Releases. Sie sind also immer noch dieselbe Band, jedoch mit einem neuen Stil.

Dasselbe gilt für meinen persönlichen Favoriten dieses Albums “The Gray”. Grundsätzlich handelt es sich hier um Sharptooth, allerdings härter denn je. “The Gray” ist ein stimmungsvoller Upbeat-Song mit Melodic-Hardcore-Vibes und frischen Breakdowns. Nicht nur der Stil, sondern auch die Texte des Songs erinnern stark an frühere Tage der Band. In diesem Lied dekonstruieren Sharptooth einseitige Einteilungen in schwarz und weiß und verdeutlichen wie solches Schwarz-Weiß-Denken Nuancen außen vor lässt. Das ist definitiv ein interessantes Thema, welches die Band auf eine simple und greifbare Art und Weise anspricht.

“Evolution” führt das Leitmotiv der Entwicklung weiter, welches sich über das gesamte Album, wie auch das Artwork streckt. Der schnelle Song mit Gastauftritt von Justin Sane aus “Anti-Flag” handelt von der Entwicklung unserer Spezies und dabei handelt es sich um einen Aufruf, etwas gegen die Unterdrückung marginalisierter Gruppen zu unternehmen. Er startet als upbeat-Song und bremst bei ungefähr 50 Sekunden ab. Von hier an baut sich ein nostalgischer Breakdown auf, der an ältere Bands von vor ungefähr zehn Jahren erinnert, durchaus auf positive Art und Weise.

“153” erinnert stärker an ältere Veröffentlichungen der Band. Lauren singt mehr als in den vorangegangenen Liedern und gibt diesem Song somit Punk-Rock-Vibes. Allerdings ist der Song eine Spur härter als Punk. Die hektischen Riffs im Pre-Breakdown erinnern an Alpha Wolf und kündigen einen harten Breakdown an. Dieser ist der möglicherweise härteste auf diesem Album und womöglich auch der härteste der Band bisher. Insgesamt gefällt mir dieses Lied echt gut, auch wenn der Stil nicht unbedingt mein Geschmack ist. Der Text handelt davon, wie Feminismus und Frauen, die für sich selbst einstehen, oftmals negativ wahrgenommen und dargestellt werden und hält den politschen Ton des Albums aufrecht.

“The Southern Strategy” ist dynamisch und hektische Riffs wechseln sich mit langsameren Abschnitten ab. Es ist ein perfekter Mosh-Song mit spaßigen Breakdowns. Als Kirsche auf der Sahnetorte beschleunigen die Instrumente aus dem letzten Breakdown heraus, was einen interessanten Akzent setzt. Die “Southern Strategy” war ein Versuch der Republikaner, durch Anknüpfen an Rassismus mögliche Wähler in den Südstaaten der USA zu gewinnen, welcher dazu führte, dass die Republikaner weiter nach rechts rückten. Das wird in diesem Song verarbeitet und ist ein durchaus interessantes Thema. So manche Hardcore-Band könnte sich eine Scheibe von Sharptooth abschneiden und sich hieran ein Beispiel nehmen. In diesem Lied fängt Kashan perfekt die Frustration ein, die man entwickeln kann, wenn man Konservativen und ihrer Politik ausgesetzt ist. Somit passt das Lied perfekt in die heutige Zeit.

Der vorletzte Track des Albums ist “M.P.D.B (Manic Pixie Dream Bitch)”, ein weiterer harter Song. Darin wird über die Rolle von Frauen in der Gesellschaft reflektiert, die ihnen die Rolle von Müttern, Töchtern und emotionaler Unterstützung (als “emotional support”) aufzwingt. Hier bezieht die Band erneut klar Position zu Themen wie Sexismus.

“Transitional Forms” endet mit “Nevertheless (She Persisted)”. Wie beim ersten Lied handelt es sich hier um ein atmosphärisches, jedoch vergleichsweise dynamisches Lied. Die Instrumente erinnern mich teils an “Count Your Blessings” und “Suicide Season” von “Bring Me The Horizon”. Hier kann ich nur eine Empfehlung aussprechen, das Album abzuchecken. “Nevertheless” wechselt zwischen langsamen, atmosphärischen Abschnitten und härteren upbeat-Parts und gegen Ende mündet das Ganze in ein hartes Outro, das nach der recht soften Bridge umso härter zuschlägt. Dieses Lied rundet die lyrischen Inhalte des Albums und die Evolution der Band darauf ab. Der Text ist genial, aber ehrlich gesagt war dies für mich dennoch der schwächste Song des Albums, da er lediglich nicht meinen Geschmack trifft. Das macht ihn nicht zu einem schlechten Song. Er konnte mich lediglich nicht wirklich fesseln. Darüber werde ich im nächsten Kapitel mehr sprechen.

Bewertung und Letzte Gedanken

Als das Album angekündigt wurde, war ich extrem begeistert. Es ist definitv keine Enttäuschung, aber konnte mich gleichzeitig nicht wegblasen. Ich gebe ihm alles in allem 7,5 von zehn Punkten. Die Lieder sind echt stark, jedoch ist der Stil nicht unbedingt mein Geschmack. Das ändert jedoch nichts daran, dass es insgesamt ein solides Album ist.

Obwohl die Band ihren Stil in eine Richtung ändert, die mir nicht so sehr wie ihr alter Stil zusagt, mag ich nach wie vor die Texte und die Qualität ihrer Musik. So mancher Breakdown und Tempowechsel auf diesem Album machte mir echt Spaß, insbesondere der in 153, aber das Album konnte mich einfach nicht weghauen. Sharptooth sind trotzdem keine x-beliebige Metalcore-Band, sondern haben aufgrund der starken Texte eine gewisse Tiefe, die den meisten Bands in diesem Genre fehlt. Also, solltet ihr das Album hören? Wenn ihr Metalcore-Fans seid, definitiv. Die folgende Übersicht sollte euch bei der Entscheidung helfen.

Ihr solltet reinhören, wenn ihr das mögt:

  • geniale Texte
  • durchaus soliden Metalcore
  • starke Atmosphäre

Meidet es, wenn ihr folgendes nicht mögt:

  • soliden aber nicht unbedingt innovativen Metalcore
  • Wechsel von Melodic Hardcore zu Metalcore

Letzte Worte

Mit “Transitional Forms” veröffentlichten Sharptooth ein solides neues Album. Allerdings ist dies nicht unbeding mein Geschmack, weshalb ich das Album nicht so sehr genoss, wie ich hoffte. Wenn ihr Melodic Hardcore und den älteren Sound der Band mögt, könnte dies nicht das Richtige für euch sein. Wenn ihr allerdings Metalcore im Stile von Bring Me The Horizon oder Beartooth mögt, könnte “Transitional Forms” euch echt gefallen. Auch wenn ihr wie ich viel Wert auf gute Texte legt, dürfte euch dieses Album nicht enttäuschen.

Ich denke, man muss das Album definitiv hören, um sich ein Bild zu schaffen. Es lohnt sich auf jeden Fall, da die Band Repräsentation schafft, die man in der Szene ansonsten kaum findet. Dieses Album ist solide, doch es wird auf euren persönlichen Geschmack ankommen, ob ihr es nur mögen oder lieben werdet. Auch, wenn ich den neuen Stil der Band nicht so sehr mag, werde ich sie weiter unterstützen und ich würde sie liebend gerne live sehen. Checkt zumindest ein, zwei Lieder ab, es lohnt sich.

Wie immer vielen Dank für’s Lesen.

-sovlpvnk

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